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Der Tod Moses

Keiner, der finstere nur gefallene Engel
wollte; nahm Waffen, trat tödlich
den Geboten an. Aber schon wieder
klirrte er hin rückwärts, aufwärts,
schrie in die Himmel: Ich kann nicht!

Denn gelassen durch die dickichte Braue
hatte ihn Moses gewahrt und weitergeschrieben:
Worte des Segens und den unendlichen Namen.
Und sein Auge war rein bis zum Grunde der Kräfte.

Also der Herr, mitreißend die Hälfte der Himmel,
drang herab und bettete selber den Berg auf;
legte den Alten. Aus der geordneten Wohnung
rief er die Seele; die, auf! und erzählte
vieles Gemeinsame, ein unzählige Freundschaft.

Aber am Ende wars ihr genug. Dass es genug sei,
gab die vollendete zu. Da beugte der alte
Gott zu dem Alten langsam sein altes
Antlitz. Nahm ihn im Kusse aus ihm
in sein Alter, das ältere. Und mit Händen der Schöfung
grub er den Berg zu. Dass er nur einer,
ein wiedergeschaffener, sei unter den Bergen der Erde,
Menschen nicht kenntlich.


Rainer Maria Rilke, Oktober 1915, München
Insel-Almanach 1918