Ob ich damals war - oder bin: du schreitest
über mich hin, du unendliches Dunkel aus Licht.
Und das Erhabene, das du im Raume bereitest,
nehm ich, Unerkenntlicher, an mein waches Gesicht.
Nacht, o erführest du, wie ich dich schaue,
wie mein Wesen zurück im Anlauf weicht,
dass es sich dicht bis zu dir zu werfen getraue;
fass ich es denn, dass die zweimal genommene Braue
über solche Ströme von Aufblick reicht?
Sei es Natur. Sei es nur eine
einige kühne Natur: dieses Leben und drüben
jenes gestalte Gestirn, das ich unwissend anweine:
o so will ich mich üben, gefasst wie die Steine
zu sein in der reinen Figur.
Rainer Maria Rilke, Herbst 1913, Paris
Sammelhandschrift der 'Gedichte an die Nacht' für Rudolf Kassner.