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Judith's Rückkehr

Schläfer, schwarz ist das Nass noch an meinen Füßen, ungenau. Tau sagen sie.
Ach, dass ich Judith bin, herkomme von ihm, aus dem Zelt aus dem Bett, austriefend sein Haupt, dreifach trunkenes Blut. Weintrunken, trunken vom Räucherwerk, trunken von mir - und jetzt nüchtern wie Tau.
Niedrig gehaltenes Haupt über dem Morgengras; ich aber oben auf meinem Gang, ich Erhobene.
Plötzlich leeres Gehirn, abfließende Bilder ins Erdreich; mir aber quillend ins Herz alle Breite der Nacht-Tat.
Liebende, die ich bin.
Schrecken trieben in mir alle Wonnen zusamm, an mir sind alle Stellen.
Herz, mein berühmtes Herz, schlag an den Gegenwind:
      wie ich geh, wie ich geh
und schneller die Stimme in mir, meine, die rufen wird, Vogelruf, vor der Not-Stadt.

Rainer Maria Rilke, Juli 1911, Paris
Gedichte 1906 bis 1926.
(Sammlung der verstreuten und nachgelassenen Gedichte aus den mittleren und späten Jahren.)