Sankt Petersburg 
Damals als wir mit den glatten Trabern 
(schwarzen, aus dem Orloff'schen Gestüt) -, 
wahrend hinter hohen Kandelabern 
Stadtnachtfronten lagen, angefrüht, 
stumm und keiner Stunde mehr gemäß -, 
fuhren, nein: vergingen oder flogen 
und um lastende Paläste bogen 
in das Wehn der Newa-Quais, 
hingerissen durch das wache Nachten, 
das nicht Himmel und nicht Erde hat, - 
als das Drängende von unbewachten 
Garten gärend aus dem Ljetnij-Ssad 
aufstieg, während seine Steinfiguren 
schwindend mit ohnmächtigen Konturen 
hinter uns vergingen, wie wir fuhren -: 
damals hörte diese Stadt 
auf zu sein. Auf einmal gab sie zu, 
dass sie niemals war, um nichts als Ruh 
flehend; wie ein Irrer, dem das Wirrn 
plötzlich sich entwirrt, das ihn verriet, 
und der einen jahrelangen kranken 
gar nicht zu verwandelnden Gedanken, 
den er nie mehr denken muss: Granit - 
aus dem leeren schwankenden Gehirn 
fallen fühlt, bis man ihn nicht mehr sieht. 
Rainer Maria Rilke, zwischen dem 9. und 17.8.1907, Paris