Neapel
Von der Enge, oben, des Balkones 
angeordnet wie von einem Maler 
und gebunden wie zu einem Strauß 
alternder Gesichter und ovaler, 
klar im Abend, sehn sie idealer, 
rührender und wie für immer aus. 
Diese aneinander angelehnten 
Schwestern, die, als ob sie sich von weit 
ohne Aussicht nacheinander sehnten, 
lehnen, Einsamkeit an Einsamkeit; 
und der Bruder mit dem feierlichen 
Schweigen, zugeschlossen, voll Geschick, 
doch von einem sanften Augenblick 
mit der Mutter unbemerkt verglichen; 
und dazwischen, abgelebt und länglich, 
langst mit keinem mehr verwandt, 
einer Greisin Maske, unzugänglich, 
wie im Fallen von der einen Hand 
aufgehalten, während eine zweite 
welkere, als ob sie weitergleite, 
unten vor den Kleidern hängt zur Seite 
von dem Kinder-Angesicht, 
das das Letzte ist, versucht, verblichen, 
von den Stäben wieder durchgestrichen 
wie noch unbestimmbar, wie noch nicht. 
Rainer Maria Rilke, 17.8.1907, Paris