I
Andere müssen auf langen Wegen 
zu den dunklen Dichtern gehn; 
fragen immer irgendwen, 
ob er nicht einen hat singen sehn 
oder Hände auf Saiten legen. 
Nur die Mädchen fragen nicht, 
welche Brücke zu Bildern führe; 
lächeln nur, lichter als Perlenschnüre, 
die man an Schalen von Silber hält. 
Aus ihrem Leben geht jede Türe 
in einen Dichter 
und in die Welt. 
II
Mädchen, Dichter sind, die von euch lernen 
das zu sagen, was ihr einsam seid; 
und sie lernen leben an euch Fernen, 
wie die Abende an großen Sternen 
sich gewöhnen an die Ewigkeit. 
Keine darf sich je dem Dichter schenken, 
wenn sein Auge auch um Frauen bat; 
denn er kann euch nur als Mädchen denken: 
das Gefühl in euren Handgelenken 
würde brechen von Brokat. 
lasst ihn einsam sein in seinem Garten, 
wo er euch wie Ewige empfing 
auf den Wegen, die er täglich ging, 
bei den Bänken, welche schattig warten, 
und im Zimmer, wo die Laute hing. 
Geht! ... es dunkelt. Seine Sinne suchen 
eure Stimme und Gestalt nicht mehr. 
Und die Wege liebt er lang und leer 
und kein Weißes unter dunklen Buchen, - 
und die stumme Stube liebt er sehr. 
... Eure Stimmen hört er ferne gehn 
(unter Menschen, die er müde meidet) 
und: sein zärtliches Gedenken leidet 
im Gefühle, dass euch viele sehn. 
Rainer Maria Rilke, I am 29.9., II am 9./10.9.1900, Worpswede